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Ayurvedisches Wasser: Heiß, abgekocht und möglichst rein

02.12.2024 | Ayurveda, Gesundheit, Wissen

Ayurvedisches Wasser: Heiß, abgekocht und möglichst reinWir wissen es alle: Wasser ist Leben. Als Menschen bestehen wir zu etwa zwei Dritteln aus Wasser. Es ist sehr wichtig, dass wir regelmäßig frisches Wasser trinken. Sind wir dehydriert, können viele Prozesse in unserem Körper nicht mehr richtig funktionieren. Ohne Nahrung können wir Menschen im Ernstfall einige Wochen überleben – ohne Wasser nur wenige Tage. Im Ayurveda kommt es aber auch darauf an, wann und wie wir Wasser trinken: Hier erfährst Du alles, was Du rund um ayurvedisches Wasser wissen musst.

Wasser im Ayurveda

Wasser ist eines der fünf Naturelemente des Ayurveda. Zwei der Doshas, nämlich Pitta und Kapha, haben einen großen Anteil Wasser – Kapha sogar noch mehr als Pitta. Wasser hat im Ayurveda die Eigenschaften (Gunas) kalt, dicht, weich und schwer. Natürlich ist Trinken im Ayurveda genauso wichtig wie aus der Sicht der modernen Wissenschaft. Wie so oft im Ayurveda geht es aber auch um das Wie.

Ayurvedisches Wasser ist fast schon eine Wissenschaft für sich. Aber keine Sorge: Wenn Du die Grundprinzipien einmal verstanden hast, gehen sie Dir schnell in Fleisch und Blut über. Die wichtigste Regel lautet: Wie Du Dein Wasser trinken solltest, hängt auch von Deiner ayurvedischen Konstitution ab. Für Vata, das trockenste der drei Doshas, ist die Wasserzufuhr zum Beispiel am wichtigsten.

Außerdem muss aus ayurvedischer Sicht auch Wasser verdaut werden. Damit Wasser bekömmlicher wird und vom Körper optimal genutzt werden kann, hat der Ayurveda einige Empfehlungen entwickelt. Wenn Du diese beachtest, kannst Du mithilfe von Wasser Dein Agni anregen, das Gleichgewicht Deiner Doshas fördern und die Entgiftung des Körpers unterstützen.

Wasser, das Elixier des Lebens

In den alten ayurvedischen Schriften finden sich viele Empfehlungen und Hinweise dazu, welches Wasser Du wann und wie trinken solltest. Mineralwasser war den Verfassern damals noch nicht bekannt. Grundsätzlich gilt im Ayurveda, dass Wasser so rein wie möglich sein sollte. Mineralien nehmen wir durch unsere Nahrung auf. Im Wasser stören sie eher, weil Wasser im Ayurveda vor allem zum Reinigen und „Durchspülen“ verwendet wird.

Die Wirkung von Wasser aus ayurvedischer Sicht:

  • Durchdringt die Körperkanäle (Srotas)
  • Bindet Toxine und spült sie aus dem Körper
  • Schwemmt Ama aus (Stoffwechselzwischenprodukte)
  • Regt das Verdauungsfeuer Agni an
  • Weckt die Lebensgeister und spendet Energie
  • Durchfeuchtet Haut und Haare
  • Wirkt beruhigend und stimmungsaufhellend
  • Vermehrt Ojas (unsere Immunität und Vitalität)

Die ayurvedische Art: Heißes Wasser trinken

Kennst Du Ayurvedis, die grundsätzlich nur mit einer Thermoskanne aus dem Haus gehen? Was Ayurveda-Anfängern vielleicht auf den ersten Blick etwas übertrieben vorkommt, ergibt durchaus Sinn: Der Ayurveda empfiehlt nämlich, Wasser warm (mindestens Zimmertemperatur) und möglichst in kleinen Schlucken über den Tag verteilt zu trinken.

Viele Menschen bei uns im Westen machen genau das Gegenteil: Sie vergessen tagsüber, etwas zu trinken und stürzen dann abends einen Liter kaltes Wasser hinunter. Oder sie trinken große Mengen kaltes Wasser zu den Mahlzeiten. Das sieht der Ayurveda sehr kritisch, denn kaltes Wasser löscht das Verdauungsfeuer Agni.

Warmes oder sogar heißes Wasser zu trinken, finden viele Menschen anfangs sehr ungewohnt. Wir hören oft, dass kaltes Wasser – am besten noch mit Kohlensäure – einfach erfrischender ist als warmes. Im Prinzip ist das aber alles eine Frage der Gewohnheit. Wer einmal damit beginnt, Wasser auf die ayurvedische Art zu trinken, möchte es in der Regel schon nach kurzer Zeit nicht mehr missen.

Warm oder heiß – und wie viel Wasser soll es sein?

Wie jedes Lebensmittel beeinflusst Wasser das Gleichgewicht unserer Doshas. Idealerweise wirkt es harmonisierend, im schlimmsten Fall kann es ein Ungleichgewicht begünstigen. Wasser wirkt direkt auf unser Agni: Je nach Menge und Temperatur schwächt oder stärkt es das Verdauungsfeuer. Dass Agni ein Grund ist, warum wir ayurvedisches Wasser warm oder mit Zimmertemperatur trinken, hast Du ja jetzt schon gelernt.

Anders als die westliche Wissenschaft geht der Ayurveda übrigens nicht automatisch davon aus, dass jeder Mensch so viel Wasser wie möglich trinken sollte. Welche Menge Flüssigkeit Dein Körper braucht, hängt mit Deiner individuellen Dosha-Kombination zusammen. Manche der alten ayurvedischen Schriften sagen sogar, dass Menschen generell eher wenig trinken sollten. Die einzige Ausnahme ist die Pitta-Zeit des Jahres zwischen Sommer und Herbst.

Wir sagen immer: Trinke etwas mehr, als Dein Durst Dir vorgibt. Damit liegst Du in der Regel richtig. Wenn Du Deinen Dosha-Typ kennst, kannst Du die Menge und Temperatur Deines Ayurveda-Wassers natürlich darauf abstimmen.

Wie viel Du trinken solltest, hängt aber natürlich immer auch davon ab, ob Du viel Sport machst oder generell viel schwitzt. Ein guter Indikator ist die Farbe Deines Urins: Optimal ist ein leichtes Hellgelb. Ist die Farbe Deines Urins sehr dunkel, ist es wahrscheinlich Zeit für etwas mehr Flüssigkeit.

  • Vata-Typen: Das Vata Dosha ist kalt und trocken. Für Vata-Typen und Menschen mit Vata-Störungen ist es deshalb sehr wichtig, Flüssigkeit aufzunehmen – wir empfehlen etwa 2 Liter pro Tag. Das Wasser darf dabei warm bis sehr warm sein.
  • Pitta-Typen: Das Pitta Dosha hat heiße und feuchte Eigenschaften. Um das Feuer nicht noch weiter anzufachen, trinken Pitta-Typen ihr Wasser am besten lauwarm oder mit Zimmertemperatur. Die ideale Menge liegt aus ayurvedischer Sicht bei etwa 1,5 Litern pro Tag.
  • Kapha-Typen: Das Kapha Dosha gilt im Ayurveda als kalt und feucht. Weil sehr heißes Wasser leicht und trocknend wirkt, vertragen Kapha-Typen die höchste Trinktemperatur: Verbrühen solltest Du Dich allerdings nicht. Kaphas haben tendenziell viel Feuchtigkeit in sich und brauchen deshalb nur etwa einen Liter Wasser pro Tag.

Warum wir im Ayurveda Wasser immer abkochen

Kommen wir zu einer der Fragen, die Ayurveda-Anfänger am häufigsten stellen: Warum wird das Wasser im Ayurveda abgekocht? Wir wissen, dass dieser Ansatz schwer nachzuvollziehen ist – zumindest aus westlicher Sicht. Erstens sollte das Wasser heiß sein, zweitens abgekocht. Und um noch mehr Verwirrung zu stiften, sagt der Ayurveda, dass es nicht reicht, das Wasser kurz im Wasserkocher aufzukochen: Es sollte sogar mehrere Minuten bei offenem Deckel kochen, bevor wir es trinken – im Idealfall mindestens zehn Minuten.

Aus Sicht des Ayurveda verändert das Wasser durch den Kochvorgang seine Eigenschaften. Längeres Kochen macht es feiner, leichter und bekömmlicher. Wie lange Du das Wasser kochen solltest, hängt – Du ahnst es wahrscheinlich schon – von Deiner ayurvedischen Konstitution ab:

  • Für Vata-Typen sollte das Wasser nicht zu leicht sein: Zehn Minuten Kochzeit reichen aus. Eine typische Empfehlung lautet, dass etwa ein Viertel des Wassers verdunstet sein sollte.
  • Für Pitta-Typen empfiehlt der Ayurveda, das Wasser eine Viertelstunde lang zu kochen. Etwa ein Drittel des Wassers sollte verdampft sein.
  • Für Kapha-Typen gilt: Je leichter das Wasser, desto besser. Mit einem starken Kapha Dosha kochst Du Dein Wasser am besten etwa für 20 Minuten – oder so lange, bis die Hälfte des Wassers verdunstet ist.

Warmes Wasser morgens, abends oder zu den Mahlzeiten?

Viele Menschen trinken ihr Wasser hauptsächlich zu den Mahlzeiten. Wir haben oben schon erwähnt, dass der Ayurveda das eher kritisch betrachtet – zumindest, wenn es sich kalte Getränke handelt. Stell Dir Agni, das Verdauungsfeuer, als echte Flamme vor: Wenn wir große Mengen Flüssigkeit darauf schütten, geht das Feuer aus.

Vor allem, wenn Du ohnehin zu Verdauungsbeschwerden neigst, ist das kontraproduktiv. Statt Dein Agni zu schwächen und die Verdauungssäfte zu verdünnen, willst Du Deinen Magen-Darm-Trakt ja unterstützen. Im Ayurveda empfehlen wir deshalb, zum Essen eher wenig zu trinken. Ein kleines Glas warmes Wasser oder Tee in kleinen Schlucken zur Mahlzeit ist aber in Ordnung. Bei einem sehr trockenen Gericht darf es auch mal etwas mehr sein.

Auch abends noch große Mengen Wasser zu trinken, ist aus ayurvedischer Sicht nicht ideal. Abends lässt die Kraft von Agni nach, der Körper bereitet sich auf die Ruhephase vor. Viel Flüssigkeit kann dann zu einer unruhigen Nacht führen. Eine großartige Idee ist es dagegen, gleich morgens mit einem großen Glas heißem Wasser zu starten. Nach der Nacht ist der Körper dehydriert – außerdem entgiftet unser Organismus, während wir schlafen.

Indem Du morgens ein Glas ayurvedisches Wasser trinkst, kurbelst Du Deinen Stoffwechsel an und weckst die Lebensgeister. Wir hören übrigens auch oft, dass der morgendliche Kaffee dann gar nicht mehr nötig ist, um bestimmte Prozesse in Gang zu setzen: Das heiße Wasser reicht aus, um die Verdauung in Schwung zu bringen.

Wasser mit Gewürzen: Das gewisse Extra

Um den Körper durchzuspülen und die Entgiftungsprozesse zu unterstützen, eignet sich pures Wasser am besten. Wir wissen aber, dass es Menschen gibt, die sich nur schwer überwinden können, reines Wasser zu trinken. Falls Du dazugehörst, kannst Du Deinem Ayurveda-Wasser mit Gewürzen oder Zitrone etwas Geschmack geben. Gleichzeitig profitierst Du von den therapeutischen Vorteilen, die entsprechende Pflanze mit sich bringt.

Für Pitta-Typen eignen sich zum Beispiel Kardamomwasser, Rosenwasser oder Fenchelwasser. Ingwerwasser, Korianderwasser oder Rosmarinwasser können das Kapha-Dosha senken. Vatas tun süße Geschmäcker, wie Fenchel, Anis oder Süßholz, besonders gut. Zitronenwasser eignet sich für alle drei Doshas. Weil der saure Geschmack das Pitta Dosha verstärken kann, sollten Pittas aber etwas weniger Zitrone verwenden oder es mit der etwas sanfteren Limette versuchen.

Lass die frischen oder getrockneten Gewürze im Wasser mitköcheln, bis es trinkfertig ist. Nur bei Zitronenwasser solltest Du den frischen Zitronensaft erst zum Wasser geben, wenn es schon etwas abgekühlt ist. Genau wie bei Honig gehen die wertvollen Inhaltsstoffe sonst durch die Hitze verloren.

Fazit: Wasser trinken auf ayurvedische Art

Wasser ist das Elixier des Lebens: Da sind sich die alten ayurvedischen Schriften und die westliche Wissenschaft einig. Wasser versorgt die Zellen, entsorgt Gift- und Abfallstoffe und ist essenziell, damit alle Prozesse im Körper richtig funktionieren. Der größte Unterschied zwischen Westen und Osten besteht mal wieder darin, dass wir im Ayurveda nichts pauschalisieren.

Was für den einen Menschen gesund und heilsam ist, kann jemand anderem unter Umständen sogar schaden. Das gilt auch für Wasser, denn aus ayurvedischer Sicht muss es genauso verdaut werden wie jedes andere Nahrungsmittel. Ayurvedisches Wasser wird deshalb immer auf den Dosha-Typ und die individuelle Situation abgestimmt.

Grundsätzlich gilt: Im Ayurveda wird Wasser immer mineralarm, ohne Kohlensäure, warm und abgekocht getrunken. Falls Du Dich fragst, ob Du dafür auch den Wasserkocher verwenden kannst: Ganz traditionell ayurvedisch betrachtet, müsstest Du Dein Wasser mindestens zehn Minuten in einem Topf kochen. Beim Ayurveda Campus sind wir aber der Meinung, dass der Ayurveda zum modernen Leben passen muss (und kann).

Es geht nicht um Perfektion, sondern um Schritte in die richtige Richtung. Aus unserer Sicht ist es deshalb in Ordnung, wenn Du den Wasserkocher verwendest. Das spart zum einen Strom und ist außerdem natürlich viel bequemer. Lass einfach den Deckel offen, sodass das Gerät nach dem Aufkochen nicht sofort stoppt und noch etwas Wasser verdunstet. Wir empfehlen Dir aber, einen Wasserkocher aus Edelstahl oder Glas zu verwenden, damit Du nicht so viele Plastik-Rückstände mittrinkst.

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