Granatapfel: Wirkung aus ayurvedischer Sicht
Der Granatapfel gehört zu den Pflanzen, die am längsten von Menschen kultiviert werden. Seit Jahrtausenden steht er symbolisch für Liebe, Erotik, Fruchtbarkeit und Schönheit. Im Ayurveda zählten Granatapfelkerne zu den wichtigsten Rasayanas, den ayurvedischen Verjüngungsmitteln. Was genau macht die Frucht so gesund? Und wie wirkt der Granatapfel aus Sicht von Ayurveda und westlicher Wissenschaft? In diesem Text erfährst Du mehr.
Granatapfelbaum und -frucht
Hast Du schon mal gesehen, wie sich Granatäpfel am Baum entwickeln? Ab dem Frühsommer kann man an vielen Orten Südeuropas beobachten, wie aus den Blüten langsam die faszinierenden Früchte werden. Bis die Granatäpfel reif sind, dauert es dann allerdings noch ein paar Monate: Ähnlich wie Zitrusfrüchte ist die Erntezeit des Granatapfels im Herbst und Winter. In deutschen Supermärkten ist der Granatapfel deshalb im Sommer oft etwas schwierig zu finden.
Der kleine Granatapfelbaum mag es warm und tropisch bis subtropisch. Die Pflanze mit dem botanischen Namen „Punica granatum“ stammt ursprünglich wahrscheinlich aus der Gegend um den heutigen Iran. Die Granatäpfel, die Du heute bei uns kaufen kannst, kommen aus verschiedenen Teilen Asiens und dem Mittelmeerraum.
Granatäpfel haben optisch fast etwas Mystisches an sich. Wer die lackartig glänzende Schale der Früchte aufschneidet, findet darin mehrere Kammern mit kleinen roten Perlen: Den Granatapfelkernen. Ihre Farbe reicht, je nach Sorte und Reife, von blassrosa bis zu tiefrot.
Granatapfel: Verwendung und Wirkung
Wusstest Du, dass man verschiedene Teile der Pflanze verwenden kann? Blüten, Schale und Kerne zählen in verschiedenen Kulturen als Lebens- und Heilmittel. Wenn Du zum Beispiel über einen marokkanischen Markt spazierst, siehst Du an vielen Ständen getrocknete Granatapfelschalen: Aus ihnen wird traditionell ein Granatapfel-Tee zubereitet, der gegen Entzündungen, Infektionen, Geschwüre und Magen-Darm-Probleme eingesetzt wird.
Auch im Ayurveda steht der Granatapfel für Lebenskraft, Jugend und Schönheit. Aus ayurvedischer Sicht hat er erfrischende, blutreinigende, kühlende und antientzündliche Effekte. Der Geschmack von Granatapfelkernen ist eine einzigartige Kombination aus süß, säuerlich und herb. Reife, süße Früchte gelten als Tridosha: Das bedeutet, sie harmonisieren alle drei ayurvedischen Konstitutionstypen. Das macht den Granatapfel zu etwas Besonderem, denn es gibt nur sehr wenige Tridosha-Lebensmittel. Sehr saure Granatäpfel können allerdings das Pitta Dosha verstärken.
Ein wertvolles Rasayana (Verjüngungsmittel)
Der Granatapfel zählt aus ayurvedischer Sicht zu den sogenannten Rasayanas. So nennen wir bestimmte Verfahren und Substanzen, die Alterungsprozesse verlangsamen und uns lange fit und gesund halten. Die Charaka Samhita, eine der wichtigsten alten Schriften des Ayurveda, erklärt Rasayanas als Mittel und Maßnahmen, die alle Gewebe stärken – vor allem das Nährgewebe (Rasa). Rasa ist das erste der sieben ayurvedischen Körpergewebe (Dhatus).
Wer die anderen Gewebe nähren will, muss grundsätzlich zuerst Rasa nähren. Der Begriff Rasayana meint sowohl das ayurvedische Gesamtkonzept als auch bestimmte Lebensmittel und Heilpflanzen. Zu den wichtigsten Rasayanas im Ayurveda zählen Amalaki (Amla), Brahmi, Safran sowie Milch, Honig und Ghee. Unter den Obst- und Gemüsesorten sind neben Granatäpfeln auch Mangos und Kürbisse zu nennen.
Was alle gemeinsam haben, ist, dass sie Ojas aufbauen. Der Begriff Ojas ist nicht ganz einfach zu übersetzen: Sinngemäß steht er für unsere Gesundheit, Immunität und Vitalität. Ojas ist die feinstoffliche Essenz des Kapha Doshas. Deshalb gilt Kapha– sofern es im Gleichgewicht ist – als das kräftigste und widerstandsfähigste der drei Doshas.
Übrigens: Das aus den Kernen gewonnene Öl des Granatapfels ist im Moment einer der beliebtesten Inhaltsstoffe in Anti-Aging-Kosmetikprodukten. Weil es regenerierende und zellerneuernde Eigenschaften hat, wird es im Ayurveda schon lange geschätzt.
Die Inhaltsstoffe des Granatapfels
Im Ayurveda betrachten wir Lebensmittel grundsätzlich in ihrer Gesamtheit. Aus ayurvedischer Sicht ergibt es wenig Sinn, ein Nahrungsmittel auf einen einzigen Wirkstoff zu begrenzen. Dahinter steckt die Überzeugung, dass die Inhaltsstoffe synergetisch wirken und gemeinsam den besten Effekt erzielen. Trotzdem ist es natürlich spannend, sich die Inhaltsstoffe des Granatapfels einmal anzusehen.
100 Gramm Fruchtfleisch des Granatapfels enthalten knapp 20 Prozent Kohlenhydrate. Der enthaltene Zucker besteht ungefähr zu gleichen Teilen aus Glukose und Fructose – ein ähnliches Verhältnis wie beim Haushaltszucker. Während Kristallzucker allerdings ein „leeres“ Nahrungsmittel ist, steckt der Granatapfel voller Kostbarkeiten: Er liefert Mineralien wie Kalium, Calcium, Eisen, Magnesium und verschiedene B-Vitamine – darunter auch die Folsäure, von der viele Menschen zu wenig bekommen.
Der Grund, warum der Granatapfel oft als gesundes Superfood bezeichnet wird, sind die Polyphenole, sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe. Je tiefroter die Farbe der Granatapfelkerne, desto mehr Anthocyane enthalten sie: Diese Polyphenole aus der Gruppe der Flavonoide sind Farbstoffe, die unter anderem antioxidativ wirken. Darauf gehen wir später noch etwas genauer ein.
Die westliche Wissenschaft interessiert sich besonders für bestimmte Tannine im Granatapfel. Tannine sind pflanzliche Gerbstoffe, die den herben Geschmack der Granatapfelkerne verursachen. Aus den Ellagitanninen (allen voran das Punicalagin) im Granatapfel entstehen im Darm Substanzen wie Ellagsäure und Urolithine. Ganz im Sinne des Ayurveda sind aber viele Wissenschaftler der Ansicht, dass die besondere Wirkung des Granatapfels durch die Kombination der Inhaltsstoffe entsteht.
Das sagen Studien über die Vorteile von Granatäpfeln
Viele Studien betonen vor allem die enorme antioxidative Wirkung des Granatapfels. Es heißt, dass die Inhaltsstoffe des Granatapfels stärkere Antioxidantien sind als das Resveratrol in Trauben oder das EGCG im Grüntee.
Aber was genau heißt eigentlich „Antioxidans“? Sowohl bei natürlichen Stoffwechselprozessen als auch durch bestimmte Umwelteinflüsse entstehen sogenannte freie Radikale. Das sind besonders reaktionsfreudige Sauerstoffmoleküle, die anderen Molekülen ein Elektron entreißen. Dadurch können sie Zellen beschädigen.
Bis zu einem gewissen Grad sind freie Radikale ganz normal. Wenn es aber zu viele werden, spricht man von oxidativem Stress. Der steht nicht nur in Verbindung mit vorzeitigen Alterungserscheinungen, sondern auch vielen ernsthaften Erkrankungen. Ähnliches gilt für Entzündungen – und auch gegen die kann der Granatapfel unterstützen.
Das Urolithin im Granatapfel soll zudem die Muskel- und Geweberegeneration verbessern. Sehr spannend sind Hinweise darauf, dass Granatapfelextrakt das Wachstum von Krebszellen hemmen kann. In Studien wurde bisher vor allem der Effekt bei Darm- und Prostatakrebs untersucht. Eindeutig belegt ist die Wirkung zwar bisher nicht, aber die Ergebnisse sind vielversprechend.
Weitere mögliche positive Effekte, die Granatäpfel in Studien zeigen konnte:
- Neuroprotektive Wirkung bei Demenz und Alzheimer
- Verbesserung bei Bluthochdruck
- Lindern von Wechseljahresbeschwerden
- Senken des Cholesterinspiegelns
- Anti-diabetischer Effekt
- Antimikrobielle Wirkung
- Stärkung der Immunabwehr
Granatapfelkerne essen oder Granatapfelsaft trinken?
Wer das Fruchtfleisch essen möchte, beißt auf die ummantelten Kerne – oder muss es mühevoll abknabbern. Weil das vielen Menschen zu umständlich ist, greifen sie lieber auf den Granatapfelsaft zurück. Aus ayurvedischer Sicht ist beides in Ordnung. Im Ayurveda trinken wir Granatapfelsaft gerne mit etwas Wasser verdünnt und mit Gewürzen wie Safran und Kurkuma versetzt: Ein leckeres und kraftvolles Stärkungsmittel!
Falls Du gerne Granatapfelkerne knabberst, profitierst Du vom gesamten Wirkstoff-Spektrum in Fruchtfleisch und Kernen. Und wenn man einmal herausgefunden hat, wie man die Frucht richtig öffnet, ist es gar nicht mehr so aufwendig. Granatäpfel sind allerdings häufig stark mit Pestiziden belastet: Wir empfehlen Dir deshalb, nach Möglichkeit auf Bio-Früchte zurückzugreifen. Wichtig zu wissen ist auch, dass Granatäpfel Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten verursachen können. Sprich deshalb am besten immer erst mit Deinem Arzt.
Fazit: Die Wirkung von Granatäpfeln im Ayurveda
Sowohl aus ayurvedischer Sicht als auch im Sinne der modernen Wissenschaft ist der Granatapfel ein echtes Superfood. Das heißt natürlich nicht, dass Granatäpfel Wunder bewirken: Als Teil einer ausgewogenen Ernährung liefern sie aber viele Stoffe, die die Gesundheit fördern und die Krankheitsprävention unterstützen können.
Während die aktuelle Forschung sich besonders auf die Polyphenole und Ellagitanninen konzentriert, schätzen wir den Granatapfel im Ayurveda als kraftvolles Gesamtpaket. Als eines der wenigen Lebensmittel eignen sich die Früchte für alle drei Doshas und gelten als wertvolles Rasayana. Streue ein paar Granatapfelkerne über Dein Porridge oder trinke ab und zu ein leckeres Glas Granatapfelsaft, um von der Wirkung des Granatapfels zu profitieren.
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Quellen:
- https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/urologie/presse/DZO_0308_Granatapfel.pdf
- https://www.presseportal.de/pm/158558/5441903
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3832175/
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35134697/
- https://www.sciencedaily.com/releases/2022/10/221026122728.htm
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27888156/
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26559394/
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2007/daz-51-2007/granatapfel-heilfrucht-mit-protektiver-wirkung